Lob oder Kritik – Was wirkt mehr?

Es war plötzlich eine lebhafte Diskussion, die sich im Führungskräfte-Workshop entwickelte. Es ging um die Frage, ob eher Lob oder eher Kritik zu einer Leistungsverbesserung bei Mitarbeitenden führt. Die überwiegende Mehrheit der Führungskräfte war überzeugt, dass Kritik eine deutlich höhere Wirkung hat.

Zunächst mal läuft ja alles richtig. Eine Verbesserung der Leistung wird gelobt, eine Verschlechterung wird kritisiert – die Form und Ausdrucksweise mal außer Acht gelassen. Soweit so gut. Bedenklich ist nur die Schlussfolgerung, die Führungskräfte daraus ziehen.

Gelobt wird von der Führungskraft meist eine besonders gute Leistung. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings recht hoch, dass danach eine nicht ganz so gute Leistung folgt. Die Führungskraft ist enttäuscht. Das Lob hat nicht zur Verbesserung, sondern zur Verschlechterung geführt. Andersherum: Eine besonders schlechte Leistung wird natürlich kritisiert. Auch hier ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eine bessere Leistung folgen wird. Eine Führungskraft lernt somit, dass Kritik zu einer Leistungsverbesserung führt und Lob tendenziell zu einer Verschlechterung. Das ist falsch – eine kognitive Verzerrung!

Statistisch gesehen schwanken die Leistungen um einen Mittelwert („Regression zum Mittelwert“). Das heißt, auf eine außergewöhnlich gute Leistung wird zwangsläufig eine nicht so gute Leistung folgen und auf eine sehr schlechte Leistung folgt höchstwahrscheinlich eine Verbesserung der Leistung – egal ob von der Führungskraft gelobt oder kritisiert wurde.

Dennoch hat Lob eine nachweislich positive Wirkung – keine Frage. Sie zeigt die Wertschätzung für die Leistungssteigerung der Mitarbeiter*in und ist eine Ermutigung zur Fortsetzung der Anstrengungen.

Achten Sie mal auf Leistungsveränderungen nach Lob und Kritik von Mitarbeitenden. Und dann denken Sie an diesen Effekt!

Ihr Christoph Hauke